Blitzgedanken – KW02

Erstellt: 08. Januar 2025
  • «Ziit verschwindt, alli Ziit verschwindt – äs isch ämu nu käni plubä.» Diesen Gedanken darf ich zurzeit in einem Theaterstück in Altdorf zum Besten geben. 

    Ja, die liebe Zeit. War doch eben noch das alte Jahr, strecken wir uns bereits im neuen nach der Decke. Und dabei war das alte doch noch gar nicht wirklich alt. Läppische 365 Tage hat es gedauert. Trotzdem reden wir von alt, als würde dadurch die Zeit schneller laufen. Das gibt mir ein ungutes Gefühl. Was man schnell hinter sich bringen will, hat meistens etwas in sich, das einem nicht behagt. Wenn jedes Jahr möglichst schnell weg soll, damit man einem neuen die Aufwartung machen kann, nur um dann festzustellen, dass es ebenfalls sehr schnell alt wird, verschwindet die Zeit tatsächlich. 

    Anstatt sich aufzuhalten und jeden einzelnen Tag zu erleben, rasen wir durch die Tage, Wochen und Monate, als wären wir auf der Flucht. Die Zeit ist unser Gegner. Das sehe ich in meinem Gesicht, wenn ich frühmorgens aus Versehen in den Spiegel schaue. Letzthin bin ich dermassen erschrocken, dass ich beinahe die Polizei gerufen habe, weil ich dachte mir stehe ein Einbrecher gegenüber. Nicht dass Einbrecher per se schlecht aussehen, aber ich habe mich fast nicht erkannt.

    Ich gehe jetzt bewusster durch die Tage. Ich kaufe mir Zeit, damit ich mehr davon habe. Wenn ich mir beispielsweise meine Einkäufe nach Hause liefern lasse, spare ich den Weg ins Einkaufscenter. Mit den Parkplatzgebühren auf dem Dorfplatz kaufe ich mir die Zeit, die ich spare, wenn ich zu Fuss gegangen wäre. Man kann sich auf unterschiedlichste Weise Zeit kaufen. So funktionieren wir heute. Es gab Zeiten, da gingen nicht wenige zu Fuss zur Arbeit, und zwar nach Luzern. Die Arbeitstage dauerten oft 10 Stunden und das auch samstags.

    Zeit hatte damals eine ganz andere Bedeutung. Heute denken wir, wir hätten keine Zeit mehr für dies und das. Und wir meinen, wir seien arm dran.

    Wir haben viel Zeit. Das Problem besteht darin, dass wir sie auf eine Art nutzen, die oft ziemlich stumpfsinnig ist. Ich will mich jetzt nicht über den ganzen Konsumwahn auslassen. Das wäre verschwendete Zeit.

    Aber wer weiss, vielleicht spaziere ich nächstes Mal wieder ins Dorf. Gut möglich, dass ich da jemanden antreffe und einen Schwatz erlebe, für den ich mir gerne Zeit nehme. Ich wünsche erlebnisreiche 365 einzelne Tage.

     

    Gemeinde Dallenwil

    Gemeinde

    Nidwaldner Blitz AG

    Autor

    Guido Herrderzeit


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